Lauftreff - Abteilung

0 Kommentare

29.03.2017

Pressebericht: Hirschau - Hotspot für Marathonis


Jeden Sonntagmorgen treffen sich um die fünfzig Läuferinnen und Läufer in Hirschau, um bis zu 36 Kilometer zu wetzen. Das nennt sich dann der lange Lauf zum Marathon. Das SCHWÄBISCHE TAGBLATT ist mitgelaufen und hat sich umgehört. Bericht von Werner Bauknecht in der Samstagsausgabe/Regionalsport vom 25. März 2017.

Alter schützt vor Ausdauer nicht: der 74-jährige Lauftreff-Leiter Winfried „Winnie“Laube (oberes Bild ganz links) unterwegs zwischen Neckar und Ammer. Wer sich in der Läuferszene der Region tummelt, kennt die Adresse „Lauftreff Hirschau in der Lenaustraße“ bestens. Normalerweise versammelt sich dort der Lauftreff Hirschau für seine Trainings- und Genussläufe. Vorneweg immer Lauftreff-Chef Winfried Laube. Dienstags, samstagnachmittags und sonntags in der Früh wird gelaufen. Doch jedes Jahr im Frühjahr wird der übersichtliche Rahmen der Hirschauer Läufer und Läuferinnen gesprengt. Denn dann ist Marathonzeit. Frühjahrsmarathonzeit, besser gesagt: Denn seit Jahren bereiten sich dort mindestens 30 bis 40 Hochambitionierte für einen Marathon vor. Da ist dann nix mehr mit Lauftreff Hirschau, da kommen sie auch aus Tübingen, Rottenburg, Kiebingen oder Wurmlingen, um sich die langen Kanten zu geben.

Klar, in der Gruppe läuft es sich einfacher, wenn es mal über die 20 Kilometer rausgeht.  „Wir sind zum Hotspot für Marathonis geworden“, sagt Organisator Winfried Laube, den sie hier alle bloß „Winnie“ nennen. Gemeinsam trainieren, gemeinsam den Marathon laufen – so die Devise. Und als Zusatzprogramm können die „Nichtgenugkrieger“ (Laube) auch donnerstags 90 Minuten Gas geben. Dieses Jahr steht der Madrid-Marathon am 23. April auf dem Programm. Es ist ein Jubiläums-Marathon für die spanische Hauptstadt, der 40. nämlich. Die Hirschauer Macher nehmen ohnehin nicht jeden Marathon, etwas Besonderes sollte es schon sein. Beispiele gefällig? Nun, da gab es den 40. Marathon in Paris und den 120. in Boston (2016), den 30. in Hamburg (2015), den 20. in Rom (2014) oder den 35. in Stockholm. Überall da tauchten die Hirschauer auf und liefen ihre 42,195 Kilometer ab. Dabei ist es nicht so, dass alle, die zu denlangen Kanten im Frühjahrs-Training auftauchen, auch einen Marathon laufen. „Bei uns ist jeder willkommen, auch die, die bloß in einer Gruppe gemütlich laufen und quatschen wollen“, sagt Laube. Und vor allem:Man muss die langen Strecken nicht komplett mitlaufen. Denn meist sind sie so gewählt, dass es Stellen gibt, an denen man umdrehen und einen kürzeren Weg zurück nehmen kann. So hat sich ein ganzes Netzwerk von Läuferinnen und Läufern aus der Region gebildet, die sich über Vereinsgrenzen hinaus zum Sport treffen.

Im vergangenen Jahr lief Oliver Ruckaberle von der LAV Stadtwerke Tübingen das gesamte Programm mit, ohne im Anschluss auch tatsächlich einen Marathon zu laufen. „Mir hat das einfach Spaß gemacht, und das war die beste Vorbereitung für die lange Laufsaison“, sagt er. Dabei sind die Strecken, die Organisator Laube zusammenstellt, durchaus mit Schmackes. Anders gesagt: An Steigungen wird nicht gegeizt. „Das bringt Härte“, sagt der Lauftreff-Chef lachend. Das Außergewöhnliche, und besonders Reizvolle am Angebot der Hirschauer ist, dass sie jeden Sonntag eine andere Strecke anbieten. Der Start ist auch nicht jedes Mal in Hirschau, sondern kann auch „bei unseren Freunden“ (Laube) in Entringen oder Kirchentellinsfurt sein. Da trifft man sich in Hirschau und fährt gemeinsam zum Startpunkt, etwa beim Sportplatz in Entringen.

Vergangenen Sonntag war der zehnte Vorbereitungslauf. Laube lädt stets per Rundmail ein. Erst lässt er dabei den vergangenen Lauf Revue passieren, dann gibt’s geographische und kulturelle Hinweise zum nächsten Kurs. Im Anhang: eine Karte mit eingetragener Strecke, außerdem die Google-Maps Karte zur Route. Drei Routen gibt es mit unterschiedlicher Länge. Dieses Mal ging es in Hirschau los, hoch nach Remmingsheim durchs Rommelstal. An der Stäblehalle, nach etwa elf Kilometern, gibt es die erste Verpflegungsstation. Fatima hat sie eingerichtet. Sie ist eine sogenannte „Patin für Verpflegung.“ Es gibt Getränke, Nüsse, Schokolade und Obst. Dann konnte man sich entscheiden, wer jetzt auf die 35, die 32 oder die 28,6 Kilometer lange Strecke einbog. Michael Hartmann, Leiter des Lauftreffs Kiebingen, nahm die lange Route. „Ich war beruflich eingespannt, jetzt muss ich ein wenig nachholen.“ Er startet am 23. April in Wien. Oliver Ruckaberle schloss sich ihm an. Sein Ziel: der Salzburg-Marathon im Frühjahr. Auf der anderen Seite machten Petra Groten vom Post SV Tübingen und ihre Freunde Dirk Vasel und Elisa Mayer kehrt, und liefen durchs Weggental zurück. „Ganz gemütlich“, so Groten über die 22 Kilometer-Strecke. Die Triathletin will sich bloß für den einen oder anderen Frühjahrs-Wetz in der Region in Form bringen.

Die Langläufer vom Sonntag rannten derweil über Obernau zum zweiten Verpflegungspunkt in Kalkweil. Dann ging es übers Neckartal zurück nach Hirschau. In die Karten hat Laube auch markante kulturelle Punkte, die auf der Strecke liegen, eingezeichnet. Pflichtbesuche sind an dem Tag beispielsweise der Eselsturm in Obernau und die römische Wasserleitung im Rommelstal. „Bitte dort Verweilen“, schreibt Laube an der Stelle in die Streckenbeschreibung.

14 Tage vorher startete die Truppe in Kirchentellinsfurt. Oben, am Sportplatz, ging es los. Knapp 30 Frühaufsteher machten sich in drei Gruppen auf und absolvierten die zwischen zirka 28 und 33 Kilometer langen Touren. Oben ging es um den Einsiedel herum, dann rüber ins Kirnbachtal und zurück über Lustnau durchs Neckartal und wieder zum Ausgangspunkt am Kirchentellinsfurter Sportplatz. „Bergsteigen ist ein Scheiß dagegen“, pumpte Ruckaberle im Ziel.

Außer bei den schnellen Hirschen, die stets die Spitzengruppe bildeten, jedes Mal die lange Strecke liefen und dann auch noch Gas gaben, geht es beim Rest der Truppe eher gemütlich zu. „Das ist manchmal wie ein Kaffeeplausch“, sagt da Altmeister Walter Johnen aus Kiebingen, der dieses Jahr zusammen mit Michael Hartmann in Wien laufen wird während Renate Fischer aus Hirschau wie die meisten in Madrid an den Start geht . „Ein Zehner ist für mich eine Sprintstrecke, da mache ich lieber was Langes“, sagt sie. So was wie den Rennsteiglauf mit über 70 Kilometern – den hat sie bereits hinter sich gebracht. Während es bei den Schnellen auch inhaltlich meist ums Laufen geht, spielt das bei den Themen der anderen eine untergeordnete Rolle. „Ach“, weiß das auch der inzwischen 74-jährige Laube, der übrigens die ganzen Läufe mitmacht, „das geht über Hinz und Kunz, wenn man da erst mal ins Reden kommt.“ Viel Privates komme auf den Tisch, oder auch einfach die Tagespolitik. „Läufer reden gern, wenn sie in Gruppen laufen.“

Jetzt geht es langsam in den Endspurt. In den letzten Wochen wird eher regeneriert, ehe der Tross sich dann auf den Weg nach Madrid macht. Und nach dem Marathon dort geht’s gleich weiter: Laube hat ein marathonmäßiges Kulturprogramm für Madrid zusammengestellt.

Eine gute Seele: Ganz oft taucht am Verpflegungsstand häufig mitten im Wald, ein bekanntes Gesicht auf: Inge Laube, Winfried Laubes Frau, die heimlich die gute Seele der Veranstaltungen ist. Nein, sie selbst rennt nicht mit – aber ohne sie könnten die vielen anderen auch nicht so recht laufen. Für die Logistik ist sie zuständig. Für Verpflegung. Für gute Laune. Und vieles mehr.

Dieter Baumann per E-Mail: Als nicht geplanter Running Gag hat sich mittlerweile Laubes allsonntägliche Ankündigung Dieter Baumanns herausgestellt. Bisher tauchte er nicht auf. Am Sonntag konnte Laube wenigstens eine E-Mail vorlesen, in der Baumann zwar absagt, aber immerhin einen schönen Lauf wünscht.




mit freundlicher Unterstützung von

swt